„Wir wollen eine Konstante haben, auch wirtschaftlich”

Tim Raue im Gespräch über persönliche Energie, Kreativität, Teamgeist, Wirtschaftlichkeit und Alternativen in der Spitzengastronomie.

INTERVIEW: HANS GÄNG BILD: MARIAN LENHARD

I

ch sehe meine Folge der Chef-Serie etwas ambivalent. Denn es ist schon sehr amerikanisch aufgezogen: vom Ghettokind zum Sternekoch. Der Egomane, der denkt, dass sich die Welt nur um ihn dreht – das bin ich echt nicht. Ich bin ein zurückhaltender Kerl. Ich bin sehr entschlussfreudig und derjenige, der immer vorne weg geht. Ich laufe nie zurück. Ich will immer was Neues finden, weiterkommen, mich optimieren.

Auf ein bestimmtes Level zu kommen, ist das eine. Aber das andere ist, es zu halten.

Als ich mit 23 Küchenchef wurde, war ich echt ein ungestümes, wildes Arschloch. Mir hat es enorm an Empathie und Sozialkompetenz gemangelt. Mich hat nur der nächste Erfolg interessiert. Habe ich 13 Punkte bekommen, dann wollte ich direkt 16 oder 17. Wir haben dann aber begriffen, dass man etwas schaffen muss, das langanhaltend ist und dass man nicht nur Trends folgen kann. Ich will den Gästen einen Wow-Moment geben, der bleibt.

Oft ist es aber ganz viel Glück und Zufall. Wenn du schon sehr viele großartige Gerichte geschaffen hast, ist es sehr schwer, immer noch etwas zu kreieren, was den Gästen genauso gefällt, aber nicht einfach belanglos ist. Früher habe ich 30, 40 Gerichte im Jahr rausgehauen, mittlerweile eher so sechs oder sieben. Auf ein bestimmtes Level zu kommen, ist das eine. Aber das andere ist, es zu halten.