„In eine tolle Idee verbissen wie ein Terrier ins Hosenbein"

Aus dem alten Oderberger Stadtbad hat Barbara Jaeschke eine florierende Sprachschule und ein traumhaft schönes Hotel gemacht.

TEXT: ALEXANDRA KETTERER BILD: ALEJANDRA LORETO

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aanche Menschen sammeln Briefmarken oder Münzen. Barbara Jaeschke sammelt Marathonläufe. New York, Paris, Barcelona – jedes Jahr eine neue Stadt. Den Berliner Marathon aber jedes Jahr. Zwar in der „Schneckenfraktion”, aber immer bis zur Ziellinie. Dieses Durchhaltevermögen zeigt sich nicht nur im sportlichen Wettlaufen: „Wie ein Terrier in alten Filmen, der sich in Hosenbeinen verbeißt” kommt sie sich oft vor. Was auch immer sich die Gründerin der GLS Sprachschule vornimmt, scheint sie zu erreichen. Wer das 2016 neu eröffnete „Hotel Oderberger“ betritt, kann sich davon selbst ein Bild machen.

Das Oderberger Stadtbad wurde 1902 als Volksbadeanstalt eröffnet. Da die meisten Kasernenwohnungen im Prenzlauer Berg keine Badezimmer hatten, wurde in den weiß gekachelten Kabinen der öffentlichen Badeanstalt gebadet. Soviel vom alten Stadtbad wie nur möglich zu erhalten, das war Barbara Jaeschke wichtig, als sie hier mit ihrer Sprachschule einzog. In den neu sanierten Seminarräumen erinnern die Seifenhalter und auch die Wandfliesen an das ursprüngliche Volksbad.

“Wir bringen hier Menschen in das Gespräch. Wir sorgen dafür, dass sie gegenteilige Meinungen kennen lernen und akzeptieren”

Die alten Kabinentüren der Waschzellen sind jetzt Badezimmertüren der Hotelzimmer. Das „Hotel Oderberger“ gehört zum Campus der GLS Sprachschule, der sich bis zur Kastanienallee streckt. Jaeschkes Konzept, ein Sternehotel mit öffentlichem Badebetrieb und Seminarräumen zu verbinden, schien dem Stadtbezirk ideal. Nicht „etepetete” sollte es sein, sondern eine wachsende Struktur mit kulturellem Treffpunkt. Finanziell ein gewagter Spagat. Gut, dass ihr die Innovation einer speziellen Hubbodentechnik hilft, das Schwimmbad in einen majestätischen Veranstaltungsraum zu verwandeln. Dann finden, wo sonst geschwommen wird, Konferenzen großer Zeitungen, Firmenpräsentationen oder auch Hochzeiten statt.

Barbara Jaeschke wirkt in ihrem dunklen Kostüm und dem umgeworfenen Tuch sehr elegant, sie formuliert stilsicher und konzentriert. Über ihre Rückschläge berichtet sie ebenso reflektiert wie ihre Erfolge. Betriebliche Vorkenntnisse und eine saubere Finanzierung fehlten ihr, als sie die eigene Sprachschule gründete. Den Entschluss fasste sie, als sie sich nach dem Studium der Anglistik und Slavistik zum Überschuss an ausgebildeten Lehrerinnen zählen durfte: „Ich musste mir Alternativen suchen, aber ich hatte eigentlich schon vorher immer im Hinterkopf, dass der Lehrerberuf nicht meine Bestimmung sein kann.”

Den hatte sie ohnehin eher aus Pragmatismus gewählt. Da gab es ja den Wunsch der Eltern, dass sie als Lehrerin in den langen Sommerferien weiter auf dem elterlichen Hof im südlichen Niedersachsen aushelfen könnte. Im Rückblick würde sie sich zwar immer wieder für ein Sprachstudium entscheiden, aber gerne mit anderem Abschluss. Ein Magister hätte gereicht, resümiert sie. Schon während ihres Referendariats begann Barbara Jaeschke, kleine Sprachreisen zu organisieren. Die Chance, die eigene Zeit und Tätigkeit selbst zu gestalten, hat sie gut genutzt.

Barbara Jaeschke konzentrierte sich auf ihre Familie und ihren Beruf. Als Mutter musste sie Kompromisse eingehen. Kind auf dem Schreibtisch, kein Kaffeeklatsch und keine Tennisstunden mehr. Ihre drei Kinder haben sich sehr gut entwickelt, erzählt sie. Wurden selbständig, kreativ und dynamisch, ohne „die perfekte Mutter, die Kuchen mit zum Kindergarten bringt”. Ihr Mann, Dr. Hans-Dieter Jaeschke, lebt seine kleine Leidenschaft zur Architektur mit eigenen Ideen und Konzeptionen während der Renovierung aus. Neben seiner beruflichen Tätigkeit als promovierter Agrarökonom gibt er auch wöchentlich historische Führungen durch das geschichtsträchtige Gebäude. Er hatte die Idee immer unterstützt und während der ersten Jahre der Sprachschule für den Familienunterhalt gesorgt.

„Man muss jemanden haben, der sagt: das kriegst du schon hin. Einen Unterstützer. Er hat aber auch oft mal gesagt: Das kriegst du nie hin. Und dann habe ich gedacht, na jetzt erst recht!” Nach einer langen Fernehe beschlossen sie mit der Familie von Göttingen nach Berlin zu ziehen. Dort wurde die „Göttingen Language School” zur „Global Language School”. Als kosmopolitisch und tolerant erlebt Barbara Jaeschke Berlin. Die ideale Stadt für eine Sprachschule. Mit der GLS will Jaeschke einen Raum schaffen, in dem internationale Kontakte geknüpft und gepflegt werden können.

Als Beitrag zur Toleranz sieht Jaeschke den Unterricht: „Wir bringen hier Menschen in das Gespräch. Wir sorgen dafür, dass sie gegenteilige Meinungen kennen lernen und akzeptieren.” Sprachen sieht Barbara Jaeschke als Medium für interkulturelles Verständnis.

Jungen Gründern rät sie, sich am Anfang ausgiebig Gedanken über die Finanzierung zu machen. Sie selbst habe sich um die finanziellen Mittel viel zu spät gekümmert. Rückschläge seien zu vermeiden gewesen. Das Wichtigste aber, betont sie erneut, sei es an sich und seine Idee zu glauben und diese standhaft zu verfolgen: mit Biss und offenem Selbstbewusstsein.

Mittlerweile habe das Sprachenlernen seinen alten Schrecken verloren. Es sei jetzt Teil der Lebensqualität und des Lifestyles. „Wie andere gerne Golf spielen oder Segeln, so gibt es Leute, die gerne Sprachen lernen.”

Barbara Jaeschke hat den Anspruch, eine hochwertige Sprachausbildung in schönem Ambiente anzubieten. Noch gibt es viel zu tun: Das Hotel ist fertig, die Schule wächst, es fehlen schon wieder Lehrräume. Barbara Jaeschke will den Campus in Prenzlauer Berg enger bebauen. Eine Bauvoranfrage ist schon genehmigt.

Weitere Pläne? Barbara Jaeschke denkt gar nicht daran, sich bald zur Ruhe zu setzen. Irgendwann sollen ihre Kinder das Unternehmen führen, schon jetzt arbeiten sie im Familienbetrieb mit. Und dann? Vielleicht noch ein Hotel, aber in einem warmen Land. Malta ist eine Idee: „Wir brauchen dort immer Unterkünfte. Ein weiteres Hotel dort wäre für mich ein ganz spannendes Projekt.”